Geschichte


Diese Zeichnung war ein Geschenk von Alfons Mucha  für den Verein Tschechisches Herz


Der Verein "TSCHECHISCHES HERZ" - tschechoslowakische soziale Fürsorge in Österreich - wurde als wohltätiger unpolitischer sozialer Verein gegen Ende des Ersten Weltkriegs gegründet. Einer der wichtigen Gründer war der Schriftsteller und Dichter Josef Svatopluk Machar, der in Wien seit 1889 lebte und seinem Brotberuf als Bankangestellter nachging. In der Zeit der größten Kriegsnot verlautbarte er dieses Manifest: "Helfen Sie den hungernden tschechischen Kindern!" Aufgrund seiner Initiative wurde eine große wohltätige Aktion gestartet.

Kurz nach der Gründung des Vereines (in Prag war es Ende 1917 und in Wien am 25. Jänner 1918) war die wirtschaftliche Situation in Wien und in ganz Österreich völlig katastrophal. Die Not ereilte alle Bevölkerungsschichten. Lebensmittelknappheit, Mangel an Heizkohle und vielen weiteren lebenswichtigen Utensilien machten das Leben unerträglich. Damals ist es jedoch dem neuen karitativen Verein gelungen eine wichtige Hilfsaktion zu organisieren. Der Verein realisierte und finanzierte Aufenthalte der Wiener tschechischen Kinder bei tschechischen Familien am Lande. Die finanziellen Mittel für den Landaufenthalt der Kinder stammten aus den öffentlichen wohltätigen Geldsammlungen und Spenden der eigenen Mitglieder. Auf diese Weise ermöglichte Tschechisches Herz hunderten von Kindern zwei volle Monate ohne Hunger im tschechischen Ambiente zu erleben.

Die intensive karitative Tätigkeit für die Schwächsten der eigenen Volksgruppe, dank derer es gelungen ist die Entbehrungen der Nachkriegszeit zu überleben, bewirkte jedoch, dass die offizielle Eintragung in den Vereinsregister erst 1920 stattfand. Die weitere Entwicklung der Vereinstätigkeit und des Schulwesens beeinflusste positiv der Abschluss des Brünner Vertrages im Jahre 1920 (Brněnská smlouva - ein internationaler bilateraler Vertrag zwischen der Tschechoslowakischen Republik und der Republik Österreich, der die Staatsangehörigkeit, den Minderheitenschutz und das Schulwesen regelte und auf den Friedensvertrag von Saint-Germain von 1919 zurückging).

Der Verein Tschechisches Herz wurde als unpolitischer karitativer wohltätiger Verein gestiftet, dessen Vereinsbasis aus den tschechischen Volksgruppenangehörigen bestand. Die meisten Vereinsmitglieder waren Angehörige der Sozialistischen Parteien, die in ihren Parteiprogrammen soziale Wohltätigkeit inne hatten. Es handelte sich um die Tschechoslowakische sozialdemokratische Partei / Sozialistische Partei Österreichs, Tschechoslowakische sozialistische Nationalpartei und ihr tschechoslowakischen Verein "Barák". Andererseits stammten auch viele Vereinsmitglieder aus dem rechten Gesinnungslager, aus der Tschechoslowakischen Volkspartei in Österreich (ab 1935 unpolitisch als Verein der tschechischen Katholiken in Österreich tätig) und dem JSM-St.Method-Verein.

Die karitative Tätigkeit des Vereins bezog sich nicht nur auf die Versorgung der hungernden Kinder. Tschechisches Herz unterstützte Kriegsweise, Kriegsinvaliden, verwitwete und verlassene Frauen und alte Menschen, organisierte wohltätige Veranstaltungen, Pflegedienste und kurative Ferienaufenthalte für Kinder und Jugendliche. Tschechisches Herz unterstützte im Allgemeinen bedeutend auch andere Aktivitäten der Volksgruppe. In den Jahren nach dem Krieg half Tschechisches Herz vor allem dem tschechischen Schulwesen. Die beliebtesten Vereinsaktivitäten, die die Volksgruppe einigten waren Volksfeste, Theater- und Kinovorführungen für Kinder und Erwachsene, sowie gemeinsame Feiertagsfestivitäten.

Mitte des 20. Jahrhunderts, in der fruchtbarsten und intensivsten Zeit seiner Tätigkeit, hatte der Verein seine Niederlassungen in allen Wiener Bezirken und fast 20 weitere außerhalb von Wien. Die Hauptzentrale des Vereins und seine Büros befanden sich in den Jahren 1920-1938 im 4. Wiener Gemeindebezirk in der Johann Straußgasse 36/14 und später 1939-1968 im 1. Bezirk in der Drachengasse 3. Der Verein zählte etwa zehn Tausend Mitglieder und mehrere hundert spendenfreundliche Sympathisanten. Der erste Vereinsvorsitzende war Antonín Machát - ein bedeutender Vertreter der Wiener tschechischen Volksgruppe. Sein Nachfolger wurde dann in der Ersten Republik František Strnad. Besonders lobenswerte Verdienste für Tschechisches Herz und seine Weiterentwicklung müssen der stellvertretenden Vorsitzenden Frau Anastásia Gregorová zugeschrieben werden. Der zweite stellvertretende Vorsitzende wurde während des Ersten Weltkrieges Dr. Blahomír Žahour - Professor des tschechischen Realgymnasiums. Der Buchhändler Alois Jošt war Geschäftsführer. Er wurde 1935 auch Vorsitzender des Minderheitenrates und in den Jahren 1938-1944 Vereinsvorsitzender vom Tschechischen Herz.

Der Verein und seine wohltätige Aktivitäten wurden damals durch großzügige Zuschüsse aus der Tschechoslowakei dotiert. Tschechisches Herz wusste stets seine Hauptvertreter zu schätzen. Im Jahre 1925 entwarf der Medaillenhersteller Jan Čejka im Auftrag vom Verein "Tschechisches Herzes" eine Gedenkmedaille mit der Aufschrift: "J. S. Machár - Wiener Tschechisches Herz - seinem Gründer". Diese Gedenkmedaille wurde als Auszeichnung für Verdienste an bedeutenden Festtagen den Vereinsmitgliedern und anderen Angehörigen der tschechischen Volksgruppe verliehen.


Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus wurden Aktivitäten der Vereine eingeschränkt.

Manche tschechische Vereine, deren Satzungen karitativen Charakter aufwiesen, konnten ihre Tätigkeit auch während der Besatzungszeit fortsetzen. Es waren Vereine "Slovanská beseda" (Slawisches Gespräch), "Jednota svatého Metoděje" (St.Method Verein) und "České srdce" (Tschechisches Herz). Unter der Maske der Vereinsaktivitäten wurden etliche Vereinsmitglieder im Widerstand tätig.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde dann auf ihr Ansuchen die Entscheidung getroffen, sie wieder in die tschechoslowakische Heimat einzubürgern. Die Zurückführung in die alte Heimat regelte damals das Tschechoslowakische Zentralkomitee (Československý ústřední výbor - eine Dachorganisation der Volksgruppe, die etwa dem heutigen Minderheitenrat entspricht) unter der Leitung von Josef Pojar. Tschechisches Herz hatte in diesem Gremium ebenfalls seinen Vertreter. Der ursprüngliche Vorsatz, die Volksgruppe aus Wien und Österreich in die alte Heimat zurückzuführen, schlug fehl und die Situation aus der Zwischenkriegszeit hat sich wiederholt. Lebensmittelknappheit und Hungersnot übernahmen die Oberhand und wieder organisierte Tschechisches Herz Hilfe für die Bedürftigen.

Tschechisches Herz fungierte auch als medialer Herausgeber. Bereits ab dem Jahre 1920 erschien regelmäßig ein Journal, das schließlich zur Beilage der Kulturrevue "Dunaj" (Donau) wurde. Die wichtigste Wohltat des Vereins Tschechisches Herz im medialen Bereich war und ist die andauernde Herausgabe der Zeitung "Vídeňské svobodné listy" (Wiener Freie Blätter) zu sichern. Als die Zeitung in die roten Zahlen rutschte, übernahm Tschechisches Herz alle finanziellen Verbindlichkeiten und wurde zum Eigentümer. Es waren vor allem die Führungsvertreter vom Tschechischen Herz, die die Existenz der Volksgruppenzeitung als wichtig erachteten und hielten "Vídeňské svobodné listy" während ihrer finanziellen Not am Leben. Nachdem die Zeitung eine regelmäßige finanzielle Unterstützung aus dem Österreichischen Bundeskanzleramt bekam, übernahm, auf Empfehlung des Volksgruppenbeirats für die tschechische Volksgruppe, im Jahre 1996 die Rolle des Zeitungseigentümers der Minderheitenrat. Die Beziehung des Tschechischen Herzens zur Volksgruppenzeitung nach dem offiziellen Rollentausch wurde jedoch nicht beendet und man kann zweifelsohne behaupten, dass Tschechisches Herz immer die bescheidene Kraft im Hintergrund blieb, ohne die Wiener Freie Blätter - "Vídeňské svobodné listy" ihr 70 jähriges Jubiläum kaum erlebt hätten.